Sehr geehrte Frau Ehrenpräsidentin Müller-Sommer, sehr geehrter Herr Ehrenpräsident Melichar, verehrte Mitglieder von Vorstand und Verwaltungsrat der VG Wort, lieber Herr Just, lieber Herr Staats, liebe Iris Mai, werte Vorrednerin und Vorredner, liebe Susanne Schüssler, meine Damen und Herren,

machen wir einen Zeitsprung zurück – ins von den Deutschen besetzte Paris des Jahres 1942. Raymond Queneau, als Autor sprachlich und erzählerisch innovativer Romane bereits bekannt, hat beim Durchqueren der Stadt in einem Autobus der Linie S ein Erlebnis. Ist es wert, mitgeteilt zu werden? Urteilen Sie selbst:

NOTIERT
Im S, zur Stoßzeit. Ein Typ, ungefähr sechsundzwanzig, weicher Hut mit Kordel statt Band, zu langer Hals, als hätte jemand dran gezogen. Leute steigen aus. Besagter Typ regt sich über einen der Nebenstehenden auf. Der remple ihn jedes Mal an, wenn einer vorbei wolle, beschwert er sich. Weinerlicher Ton, der aggressiv klingen soll. Er sieht einen freien Platz, springt hin.
Zwei Stunden später sehe ich ihn auf der Cour de Rome vor der Gare Saint-Lazare. Er steht mit einem Freund da, der zu ihm sagt: »Du solltest dir einen zusätzlichen Knopf an den Mantel nähen lassen.« Er zeigt ihm wo (am Ausschnitt) und warum.

Ja - ist das wert, mitgeteilt zu werden? Nicht so zwingend. Bietet es einen halbwegs brauchbaren literarischen Stoff? Schon gar nicht. Der eine kleine Konflikt verpufft, bevor er sich zuspitzen kann, und der Zufall der erneuten Begegnung ist ganz putzig, aber wie würde Donald Duck sagen, in der Übersetzung von Erika Fuchs: „Gähn.“

Raymond Queneau hält dagegen: Mag schon sein, das es nicht wert ist, berichtet zu werden, aber ich werde es euch berichten, und zwar nicht einmal, sondern zwölfmal, ach was, einhundertdreiundzwanzig mal. Mit so gut wie keiner inhaltlichen Abwechslung. Dafür bringt der Autor jedes mal neue sprachliche Variationen, hier naheliegende, dort ganz irrwitzige. Keine Sorge übrigens, einhundertdreiundzwanzig mal bekommen Sie das jetzt nicht zu hören.

Der kleine Text ist also ganz einfach. Es geht aber auch zweifach. Sie werden sofort merken, wie der Hase läuft, dann können Sie in Gedanken mitformulieren. Zweifach also, mit anderen Worten:

GEDOPPELT
Um die Tagesmitte und mittags betrat und erstieg ich die Plattform und den hinteren Austritt eines vollen und nahezu restlos besetzten Autobusses und Fahrzeugs des Öffentlichen Nahverkehrs (…). Ich sah und bemerkte einen ziemlich lächerlichen und ganz schön grotesken jungen Mann und alten Jugendlichen: hagerer Hals und magere Gurgel, Schnur und Kordel um Hut und Kopfbedeckung. (…)
Zwei Stunden später und einhundertzwanzig Minuten danach treffe und sehe ich ihn auf der Cour de Rome und vor der Gare Saint-Lazare wieder. Er ist und befindet sich dort mit einem Freund und Kumpel, der ihm rät und nahelegt, zusätzlich einen Knopf und eine Steinnussscheibe an seinen Überzieher und Mantel anfügen und annähen zu lassen.

Wenn man es eilig hat, geht es auch ganz kurz. Die in der griechischen Rhetorik Geschulten wissen, wie das dann heißt:

LITOTES
Wir, ein paar Leute, waren per Blechbüchse unterwegs. Ein nicht besonders intelligent wirkender junger Mann sprach eine Weile mit einem Herrn neben ihm, dann setzte er sich hin.
Zwei Stunden später begegnete ich ihm erneut; er war in Begleitung eines Freundes, es ging um Klamotten.

Und da wir bei den griechischen Stilformen sind, noch eine davon, bei der es nicht um Endreime in Versen geht, sondern um so viele Binnenreime wie irgend möglich. Das heißt dann

HOMOIOTELEUTON
Der Tag ist trist, ich frist ihn fast wie ein Tourist in einer öffentlichen Rappelkist. Da ist ein Langhals-Egoist, mit Hutband aus Batist, recht angepisst, ein andrer nämlich, Terrorist!, trample ihm ständig auf den Rist. Doch dann vergisst er seinen Zwist, es ist wohl List, und schießt mit einem Twist auf einen freien Sits.
Ich hab ihn nicht vermisst, doch wisst, nur kurz darist erblist ich ihn vor der Gist Saint-Lazist, wo ihm ein Freund den Mantelknist vermisst.

Es gibt bei Queneau noch alle möglichen Textsorten – Telegramm, Amtliches Schreiben, Sonett, Haiku – Rollenprosa oder nach den fünf Sinnen Gestaltetes, auch naturwissenschaftliche Methoden werden angewendet … Und ich beherrsche mich gewaltig und belasse es dabei, ich will ja mit diesem literarischen Einstieg auf etwas hinaus, das mit der VG Wort und deren Zukunft zu tun hat.

Raymond Queneau nannte das Ganze „Exercices de Style“, „Stilübungen“, sie galten wegen ihrer sprachspielerischen Seiltänzerei als unübersetzbar, und es war eine Pioniertat, als Eugen Helmlé und Ludwig Harig sie gemeinsam im Jahre 1961 für Suhrkamp ins Deutsche brachten. Mittlerweile gibt es Übersetzungen in mehr als dreißig Sprachen. Eine erweiterte Neuübersetzung von Frank Heibert und mir ist vor zwei Jahren erschienen, ebenfalls bei Suhrkamp.

Queneau wirft das Erzählerische, die Plot-Orientierung, aus dem Text hinaus, er macht die Sprache und deren unzählige Möglichkeiten zur Protagonistin. Das ist die obenliegende, auf Literatur bezogene Schicht dieses Werks. Darunter gibt es aber noch weitere Aussagen – und zwar welche mit philosophischen, ja mit politischen Implikationen. Durch die Art und Weise, wie Queneau hier Regeln anwendet, formuliert er nämlich Kommentare zu Regeln an sich. Er zeigt, sie sind von Menschen gemacht, hier von ihm. Er zeigt, Regeln sind ersetzbar, z.B. durch andere Regeln. Was auf dieser Seite noch unumstößlich und 100-prozentig, ja 170-prozentig galt, es ist auf der nächsten Seite vergessen, ersetzt, überwunden.

Und hierin liegt eine eminent politische Aussage. Wer die Macht der Regeln in Frage stellt, stellt die Macht in Frage. Zum Beispiel die der Nazis, die waren ja empfindlich, und so konnten die Stilübungen erst nach Kriegsende veröffentlicht werden. Denn wer die Macht der Regeln in Frage stellt, stellt die Macht in Frage. Das finde ich sympathisch, es entspricht jener Grundvoraussetzung von Intelligenz und Fortschritt, die in dem Wissen besteht, dass alles immer auch noch ganz anders sein könnte. Daher ja die Furcht der Mächtigen.

Und noch etwa zeigt Queneau. Sie haben es besonders in der Stilübung namens Homoioteleuton gehört. Hier wie in zahlreichen anderen Variationen dreht er im zweiten Teil des Textes die Schraube der jeweiligen Regel unbarmherzig weiter, er überdreht sie und zeigt damit, welch absurde Wirkung entsteht, wenn eine Regel absolut gesetzt und übererfült wird, ohne nach rechts oder links zu blicken.

Mir scheint es durchaus angebracht, diese Beobachtungen hier zum 60 jährigen Jubiläum der VG Wort heranzuziehen. Worauf fußt unsere Verwertungsgesellschaft? Natürlich auf Regeln. Auf selbst gegebenen und auf rechtlich gesetzten. Beide können verändert werden, wenn z.B. die selbst gegebenen Regeln nicht mit Recht und Gesetz vereinbar sind. Dass dem so ist, haben die Gerichte gezeigt, pünktlich zu unserer Geburtstagsfeier auch das Verfassungsgericht. Martin Vogel hatte mit seiner Klage nicht nur recht, er hat auch Recht bekommen. Die Frage ist dann nur: Was macht man daraus?

Natürlich ist es für einen Urhebervertreter, der ich bin – auch wenn ich hier als einfaches Mitglied der VG Wort rede -, auf Anhieb eine ausgesprochen verlockende Vorstellung, sämtliche Einnahmen der VG Wort gingen an die Urheberinnen und Urheber. Ein schöner Gedanke. Freilich ein zu kurz gedachter. Wer politisch denkt, muss unbedingt auch antizipieren, wie sich die vorhandenen Strukturen daraufhin ändern, er muss entwerfen, welche neuen Strukturen er an deren Stelle setzen möchte und in welcher Weise diese neuen Strukturen finanziell ebensoviel einbringen sollen wie bisher. Ein solches konkretes perspektivisches Denken, ohne dass es nicht geht, hat bei den Gegnern der Verlagsbeteiligung immer gefehlt.

So etwas ist unpolitisch gehandelt und gedacht, es hat aber auch einen Anteil Rechthaben um des Rechthabens Willen und erinnert drastisch an diejenigen Passagen bei Queneau, wo er zeigt, wie unsinnig es ist, etwas an sich Zutreffendes absolut zu setzen, ohne nach rechts und nach links und auf die Folgen zu schauen. Sie erinnern sich, Homoioteleuton, „nur kurz darist erblist ich ihn vor der Gist Saint-Lazist“ … Bei Queneau ist dieses Rechthaben um des Rechthabens Willen amüsant, die Folgen für die VG Wort waren alles andere als lustig. Ja, die Klage war berechtigt, der Kläger bekam recht – die Konsequenz ist aber auch, dass vor der Zukunft der VG Wort ein fettes Fragezeichen steht.

Es müssen also Regeln geändert werden, und wie Queneau uns bestätigt, geht das auch. Intern sind bereits Regeln geändert worden durch den neuen Verteilungsplan der VG Wort. Ich persönlich bekenne mich bekanntlich dezidiert zur Verlagsbeteiligung und zu der Erkenntnis, dass die VG Wort in der Vergangenheit nur so stark sein konnte, weil sie eine gemeinsame Körperschaft ist. Gerade wieder hat die VG eine Rekordsumme eingenommen, die Pressemeldung ist von vorgestern, und zwar durch Nachzahlungen der Geräteabgabe für Mobiltelefone und Tablets. Ich halte es für abwegig anzunehmen, eine andere als eine geeinte VG besäße die Verhandlungsstärke, die für so etwas unentbehrlich ist, und zwar ganz egal, wer konkret am Verhandlungstisch sitzt – es geht ja um die Power des Mandats hinter ihm. Und ebenso bin ich dezidiert dafür, dass der deutsche wie der europäische Gesetzgeber für eine rechtliche Grundlage zur Verlagsbeteiligung bei den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften sorgt, und zwar für eine pauschale Beteiligung nach Verteilungsplan. Ich bin mit dieser Position nicht allein unter den Urhebern, aber Sie können mir glauben, meine Damen und Herren, es ist nicht immer ganz leicht, diese Position zum Beispiel gegenüber den Mitgliedern des Übersetzerverbandes zu verteidigen.

Ein fettes Fragezeichen steht vor der Zukunft der VG Wort. Wir brauchen neue Regeln, die es uns erlauben, die erfolgreiche Arbeit fortzuführen. Eine der Fragen in diesem Zusammenhang ist für mich auch, was für eine Verwertungsgesellschaft wir uns denn wünschen? Eine Antwort darauf liegt auf der Hand, das haben die vergangenen Mitgliederversammlungen unserer VG gezeigt: Wir wünschen weiterhin eine gemeinsame von Urhebern und Verlagen. Eine weitere Frage wäre, wünschen wir uns eine VG als einsame Insel der Fairness und Einigung innerhalb einer Branche, die ansonsten mit harten Bandagen kämpft? Oder wollen wir insgesamt eine Branche sein, die sich einvernehmlich Regeln gibt, ohne Sturheit, und sich an sie hält, sozusagen mit der VG Wort als Beispiel und Vorbild für einen Ort des gedeihlichen Sich-Einigens?

Wenn ich die beste aller Buchbranchen entwerfen sollte, dann würde sie ungefähr so aussehen: Flächendeckende Gemeinsame Vergütungsregeln, an die sich alle halten, partnerschaftlicher und fairer Umgang allenthalben, Respekt und Freude auf der ganzen Linie. Und auf dieser Grundlage eine vorbehaltlose Zustimmung der Urheberinnen zur Verlagsbeteiligung – denn Fairness ist ja keine Einbahnstraße.

Und zu den Wünschen gehört natürlich auch gemeinsamer wirtschaftlicher Erfolg.

Na gut, ich komme aus dem Wolkenkuckucksheim schnell wieder auf die Erde und in diesen Festsaal zurück. Die mehrheitliche Position innerhalb der VG Wort ist ja ganz klar die, dass die Verlagsbeteiligung wie früher pauschal geregelt werden soll, nicht durch einzelne Zustimmung der Urheberinnen und Urheber, so wünschenswert diese auch in Hinblick auf Selbstbestimmungsrecht und gestärkte Position sein mag. Aber nur eine pauschale Regelung bringt Planungssicherheit und Stetigkeit, nur sie bedeutet Partnerschaftlichkeit im Binnenverhältnis für die an der VG beteiligten Gruppen. Wir brauchen die pauschale Verlagsbeteiligung, obwohl es auf der anderen Seite mit der Fairness, wie ich sie für die beste aller Branchen entworfen habe, nicht immer zum Besten steht. Wir müssen aber erreichen, dass die VG Wort nicht auszubaden hat, was im freien Spiel der Kräfte in unserer Branche bisweilen eklatant schief läuft.

Schauen Sie, ich habe mich sozusagen freiwillig gemeldet, um mich als Beisitzer im Vorstand des Übersetzerverbandes um die Sachbereiche Urheberrecht und VG Wort zu kümmern. Jetzt will ich also meinen Kolleginnen und Kollegen begreiflich machen, warum eine pauschale Verlagsbeteiligung sinnvoller ist als die Zustimmungsregelung, die zurzeit gilt. Und wissen Sie was, das ist oft verdammt nicht leicht. Dabei ist es für die Legitimation der VG Wort in der Form, wie wir sie wollen, einfach wahnsinnig wichtig, dass die Urheberseite eine einverständige Sicht darauf haben kann. Diese Sicht ist dann möglich, wenn die Urheberinnen eine partnerschaftlich agierende Branche erleben. Dies Einverständnis hängt auch davon ab, ob wir Urheber uns in einer wirtschaftlichen und rechtlichen Position sehen, aus der heraus wir die pauschale Verlagsbeteiligung reinen Herzens begrüßen können.

Und das ist eben oft nicht leicht. Sie sehen mir bitte nach, dass meine Beispiele eher für die Situation der Literaturübersetzerinnen typisch sind. Die Essenz dessen, um das es mir geht, trifft aber für alle Worturheber zu, die in der VG beteiligt sind. Wenn Verlage sich nur dann auf die VG Wort berufen, sofern es ihnen gelegen ist, ansonsten aber diejenigen Regeln, die beide Seiten in der VG aufgestellt haben, missachten, dann unterhöhlt das die Autorität und Legitimation der VG Wort. Das kann uns nicht gleichgültig sein. Ein Beispiel sind die Tarife für e-book-Nutzung bei Altverträgen, in denen die dann fällige Vergütung noch nicht enthalten war. Das ist von der VG Wort vorbildlich geregelt. Aber wie sieht die Praxis aus? Ich kenne kein einziges entsprechendes Vertragsaddendum, das die in der VG ausgehandelten Tarife auch angewandt hätte. Wenn Verlage die Regeln der VG nicht respektieren, gefährdet das die Position der gemeinsamen VG unter den Urhebern.

Immer häufiger rechnen Verlage an der Normseite als Grundlage der Übersetzervergütung herum – hier eine Zeile weg, da eine Zeile, oder es wird fälschlich die Zeichenzahl zur Berechnung angesetzt, all das zum finanziellen Nachteil der Übersetzer. Und dann komme ich anspaziert und will bei den auf diese Weise geschädigten Kolleginnen für die Verlagsbeteiligung in der VG Wort werben – nicht ganz einfach, so ein Spagat. Außerdem stagnieren die Normseitenhonorare ohnehin seit einer langen Reihe von Jahren.

Hinzu kommt die unbefriedigende rechtliche Situation. Das Gesetz spricht uns Urhebern eine angemessene Vergütung zu, nur hat auch die letzte Novelle des Urhebervertragsrechts nicht dazu geführt, dass angemessene Vergütung definiert werden könnte – nämlich durch Regeln, die sich die Beteiligten selber geben! – oder dass sie wirksam eingeklagt werden könnte. Es fehlen für die Definition der Angemessenheit ein verbindlicher Schlichterspruch und für die gerichtliche Durchsetzung ein Verbandsklagerecht. Beides hat es trotz blühender Formulierungen im Koalitionsvertrag der letzten Legislaturperiode nicht gegeben. Dass zumal die Literaturübersetzer sich bei Vertragsverhandlungen in einer schwächeren Position befinden als ihre Auftraggeber, ist notorisch – übrigens ebenfalls vom Verfassungsgericht bestätigt.

Mit dieser Schwäche kalkulieren aber manche Verlage. Der größte Auftraggeber von Literaturübersetzungen, die Verlagsgruppe Random House, enthält den Übersetzerinnen mehr als ein Viertel der Absatzbeteiligung vor, die uns nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs zustünde. Ohne Verbandsklagerecht ist da nichts zu machen. Meine Damen und Herren, solche Umstände gefährden mittelbar, aber wirksam die Zustimmung der Urheberinnen zur Verlagsbeteiligung und zur VG Wort als gemeinsamer Institution überhaupt – so ungerecht es auch ist, dass die VG dadurch Dinge ausbaden muss, auf die sie gar keinen Einfluss hat. Aber sie agiert eben nicht im luftleeren Raum, sie ist keine Insel der Seligen, die von den umliegenden rauen Gewässern nicht betroffen wäre.

Die Kunst der Einigung ist also vonnöten, die Kunst, sich erfindungsreich faire Regeln zu geben und sie mit Augenmaß anzuwenden. Die Kunst der Einigung ist außerdem auch möglich, das haben die Gründungseltern der VG Wort gezeigt. Das wurde auch gezeigt, als unser Übersetzerverband mit einer kleinen Gruppe von Verlagen Gemeinsame Vergütungsregeln aufstellte – ich höre übrigens aus Kollegenkreisen, dass die Bereitschaft, diese Verlage an den Ausschüttungen der VG Wort zu beteiligen, allseits vorhanden ist. Gäbe es branchenweit angewandte Gemeinsame Vergütungsregeln für Übersetzungen, so wäre diese Bereitschaft flächendeckend. Ja, Fairness ist keine Einbahnstraße.

Kurzum – ich finde es sinnvoll und notwendig, an den Gesetzgeber zu appellieren, dass er die pauschale Verlagsbeteiligung bei den VG-Ausschüttungen auf eine stabile rechtliche Grundlage stellt. Ich glaube sogar, dass das dem gesellschaftlichen Willen der allermeisten Beteiligten entspricht. Regeln, hier Gesetze, können und sollen geändert werden, und zwar damit das, was gut funktioniert, weiterhin funktioniert, und dann auch gesetzeskonform.

So mag die VG Wort zu ihrem 60. von einigen Fragezeichen umstellt sein, aber lassen sie uns ein paar von diesen krummen Dingern zu Ausrufezeichen geradebiegen: Ja [Ausrufezeichen] Wir wollen diese VG Wort [Ausrufezeichen] Wir wollen sie zusammen [Ausrufezeichen] Wir wollen die Regeln, die ihren Erhalt erlauben [Ausrufezeichen] Und wir wollen eine einige, faire Branche [Ausrufezeichen]

Denn wenn der gesellschaftliche Wille zur Verlagsbeteiligung gegeben ist, dann fußt er nicht auf dem Recht des Stärkeren, sondern – wie für die VG Wort typisch – auf der Fähigkeit Vieler, miteinander einen Ausgleich ihrer verschiedenen Interessen zu finden. Diese Fähigkeit zur Einigung ist neben dem enormen wirtschaftlichen Erfolg das große Verdienst, ja, die zivilisatorische Leistung der VG Wort, so war es bei der Gründung vor 60 Jahren, so war es seither. Und diese zivilisatorische Leistung bleibt uns allen für die Zukunft aufgegeben.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Hinrich Schmidt-Henkel