Piper Verlag unterliegt im Prozess gegen Übersetzerin – Rechtsstreit um Übersetzungen des italienischen Erfolgsautors Alessandro Baricco

Vor dem Oberlandesgericht München wurde am 1. März im Rechtsstreit der Übersetzerin Karin Krieger gegen den Piper Verlag das Urteil gesprochen.

Die Übersetzerin Karin Krieger hatte im Frühjahr 1999 unter Berufung auf den so genannten „Bestsellerparagraphen“ des Urheberrechtsgesetzes für den Erfolgstitel „Seide“ des italienischen Autors Alessandro Baricco vom Piper Verlag eine angemessene Erfolgsbeteiligung verlangt. Der zum schwedischen Konzern Bonnier gehörende Piper Verlag einigte sich mit der Übersetzerin auf eine Nachhonorierung und kündigte daraufhin an, sämtliche fünf Baricco-Übersetzungen von Karin Krieger - die drei erschienenen Romane „Seide“, „Land aus Glas“ und „Novecento“ sowie zwei weitere, noch nicht erschienene Titel - neu übersetzen zu lassen und auszutauschen.

„Novecento“ erschien in der Folge in identischer Aufmachung und mit gleicher ISBN in einer anderen Übersetzung, parallel zu den noch erhältlichen Exemplaren in der Übersetzung Karin Kriegers. Die später veröffentlichten Titel kamen ebenfalls in anderer Übersetzung heraus. Diese Sanktion, mit der das Werk einer Übersetzerin vernichtet werden sollte, erregte über Deutschland hinaus erhebliches Aufsehen.

Das Oberlandesgericht hat nun für Recht erkannt:

  • Der Piper Verlag wird verurteilt, die Werke von Alessandro Baricco in den Übersetzungen von Karin Krieger zu veröffentlichen, solange hierfür eine branchenüblich ausreichende Nachfrage besteht.
  • Dem Piper Verlag wird untersagt, die Werke von Alessandro Baricco in anderen Übersetzungen als denen von Karin Krieger zu veröffentlichen, es sei denn in einer Parallelausgabe neben den Übersetzungen Karin Kriegers.
  • Für die bereits erschienene Parallelübersetzung von „Novecento“ wird bestimmt, dass sie nur vertrieben werden darf, wenn sie sich durch Aufmachung und ISBN deutlich von der Übersetzung Karin Kriegers unterscheidet.
  • Der Piper Verlag hat Karin Krieger jeden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen, die eine Verletzung dieser Punkte darstellen, entstanden ist und noch entstehen wird.

Das Urteil bekräftigt eine Selbstverständlichkeit: Übersetzungen sind urheberrechtlich geschützte Werke, die von Verlagen nicht beliebig ausgetauscht oder nach Gutdünken vom Markt genommen werden können, um sich auf diese Weise einer angemessenen Honorierung zu entziehen. Das Verfahren zeigt aber auch, wie notwendig die vom Bundesjustizministerium geplante Reform des Urhebervertragsrechts ist, um die Urheber wirksamer als bisher zu schützen. Der Fall Piper hat deutlich gemacht, wie Verwerter mit Urhebern umspringen, die es wagen, sich auf geltendes Recht zu berufen, und eine angemessene Beteiligung an dem Erlös fordern, der mit ihren Werken erwirtschaftet wird.

Ausführliche Dokumentation zum Fall Piper

 

Thomas Wollermann 
VdÜ Pressestelle