Urheber sollen weiter unangemessen niedrig vergütet werden – Arrogante Machtdemonstration der Verwerter

Die Verwerter in der deutschen Medienwirtschaft lehnen auch den bereits in ihrem Sinne erheblich modifizierten Entwurf zu einem neuen Urhebervertragsrecht ab. Sie kündigen an, ihren Widerstand noch zu verstärken. Dazu wollen sie von Zeitungen und Zeitschriften kostenlos zur Verfügung gestellten Anzeigenraum nutzen und Fernsehspots ausstrahlen.

Dies ist ein beispielloser Missbrauch von Medienmacht zur Beeinflussung der Öffentlichkeit und der politischen Entscheidungsträger im eigenen Interesse. Der freie Meinungsbildungsprozess der Parlamentarier soll mit dieser Kampagne unterlaufen werden. Dabei wurde auch den Verwertern in zahlreichen Anhörungen ausreichend Gehör geschenkt.

Schon wiederholen Landespolitiker die Phrasen, die die von einer Werbeagentur konzipierte, mit falschen Behauptungen unterlegte Propaganda verbreitet. In einer Presseerklärung haben sich die Justizminister von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, Goll und Mertin, gegen den Anspruch auf angemessene Vergütung für Urheber und gemeinsam zwischen Urheber- und Verwerterverbänden auszuhandelnde Vergütungsregeln ausgesprochen. Dies verstoße gegen die „Vertragsfreiheit“ und widerspreche der „notwendigen Deregulierung auf dem Wirtschaftssektor“.

So sieht die angebliche Vertragsfreiheit für Urheber aus: In renommierten Buchverlagen kursieren Hausmitteilungen mit Anweisungen, Übersetzern, die eine Beteiligung an dem einträglichen Handel mit ihren Rechten fordern, keine Aufträge mehr zu geben. Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten fordern ihre Produzenten auf, Standfotografen vertraglich zum Verzicht auf Namensnennung zu zwingen.
Wenn Verwerter angesichts solcher Verhältnisse nach Deregulierung rufen, bedeutet dies nichts anderes, als dass sie weiterhin einseitig die Vertragsinhalte diktieren wollen. Die Folge sind die Knebel- und Enteignungsverträge, mit denen sich Urheber tagtäglich konfrontiert sehen.

Während die Verwerter geballte Verbandsmacht ins Spiel bringen, damit sich am Urheberrecht nach Gutsherrenart nichts ändert, soll ihnen der einzelne Urheber weiterhin ohne Anspruch auf eine angemessene Vergütung seiner Arbeit und Rechte sowie ohne Verhandlungsmöglichkeiten seines Verbandes gegenüberstehen.
Die moderne Mediengesellschaft, in der Rechte an urheberrechtlich geschütztem Gut vielfach und lukrativ verwertet werden, braucht ein Urheberrecht, das den Kreativen einen angemessenen Anteil am Ertrag ihrer Arbeit sichert. Nichts anderes bezweckt die Reform des Urhebervertragsrechts. Sie muß jetzt zügig umgesetzt werden und darf nicht noch weiter verwässert werden.

Der Verband der Literaturübersetzer appelliert an die Verwerter und ihre Verbände sowie die Länderregierungen, in diesem für den Bestand unserer Kultur wichtigen Gesetzgebungsverfahren eine dem Gegenstand angemessene sachliche Diskussion zu führen, um so den Boden für Verhandlungen zu bereiten und gemeinsam mit den Urhebern Missstände zu beseitigen, wo dies notwendig ist.

Der VdÜ fordert die Medien zu einer dem Sachstand gemäßen, korrekten Berichterstattung über das Gesetzgebungsverfahren und zur Beendigung der irreführenden Anzeigenkampagne auf. Es darf nicht sein, dass die Medien ihre Meinungsmacht zur Durchsetzung eigener Interessen missbrauchen.

 

Pressestelle VdÜ/Bundessparte Übersetzer 
Gabriele Gockel, Thomas Wollermann