63. Weltempfänger-Bestenliste Sommer 2024; Graphik: Litprom

Der „Weltempfänger“ nominiert seit 2008 belletristische Neuübersetzungen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und der arabischen Welt, um herausragende literarische Stimmen im deutschsprachigen Raum bekannt zu machen.

  • Kurzgeschichten – einige aus 2004, andere aus 2015. Dazwischen: die Unabhängigkeit des Südsudan. Die Storys verhandeln die erzwungene Migration in einen neu gegründeten Staat mit altbekannten Problemen, die Folgen von Gewalt und Krieg. Originell und beeindruckend. Endlose Tage am Point Zero von Stella Gaitano (Sudan/Deutschland). Aus dem Arabischen von Günther Orth. (Sonja Hartl)
  • Eine Schülerin steigt in einen roten Chevy. Eine Spritztour mit Onkel Claudio. Jahre später erfährt sie, dass der Onkel ihrer Freundin für das Pinochet-Regime gefoltert und gemordet hat. Ein aufrüttelnd ehrlicher Blick auf die jüngste Geschichte Chiles. Twilight Zone von Nona Fernández (Chile). Aus dem Spanischen von Friederike von Criegern. (Timo Berger)
  • Die dunkelste aller Sommernächte: Im Dorf Gaotian wird denunziert, geplündert und gemordet. Mittendrin: der vierzehnjährige Erzähler Niannian und zig Fässer Leichenöl. Eine furiose Allegorie auf chinesische Politkampagnen und die böse Lust des Menschen am Entgleisen. Der Tag, an dem die Sonne starb von Yan Lianke (China). Aus dem Chinesischen von Marc Hermann. (Katharina Borchardt)
  • Ruanda zur Zeit der Missionare, es herrscht Dürre, die Dorfbewohner bitten die Jungfrau Maria ebenso wie ihren Märtyrer Kibogo um Regen: Sie kämpfen ums Überleben – die Missionare um ihre Seelen. Mukasonga analysiert, wie sich alte und neue Geschichten verweben, wie im Erzählen Widerstand wächst. Kibogos Himmelfahrt von Scholastique Mukasonga (Ruanda/Frankreich). Aus dem Französischen von Jan Schönherr. (Ines Lauffer)
  • Ein großartiger Roman über die Liebe in Zeiten von Krieg und ethnischer Gewalt vor dem Hintergrund des Bürgerkries im Sudan. Schauplatz: eine NGO an der Grenze zwischen Nord und Süd. Hier treffen Westler, Niloten und Nomaden aufeinander. Träumen von Wandel und Veränderung. Zeit der Geister von Fatin Abbas (Sudan/USA/Deutschland). Aus dem Englischen von Bernhard Robben. (Claudia Kramatschek)
  • Eine Frau, der die Sprache abhandenkam, ein Mann, dessen Augenlicht schwindet – zwei Versehrte begegnen sich im Schmerz. Ein Roman über Gespräche in Stille und tastende Gefühle, über Verluste, Erinnerungen und innere Einsamkeit. Radikal und zärtlich. Griechischstunden von Han Kang (Korea). Aus dem Koreanischen von Ki-Hyang Lee. (Carsten Hueck)
  • Eine kunstvoll durchtriebene Politsatire, die – angelehnt an das indische Mahabharata – in einem wilden Mix aus Straßenslang und Sanskrit-Imitat die hindunationalistischen Machenschaften von Modi aufs Korn nimmt. Herrlich komisch. Hervorragend übersetzt! Die Schöne und der Papagei von Mrinal Pande (Indien). Aus dem Hindi von Almuth Degener, Ines Fornell, Max Kramer und Heinz Werner Wessler. (Claudia Kramatschek)

Die 63. Bestenliste steht bei Litprom als PDF zur Verfügung. Weitere Informationen zur Bestenliste gibt es auf der offiziellen Litprom-Webseite.

Die Jury: Timo Berger, Katharina Borchardt, Sonja Hartl, Carsten Hueck, Claudia Kramatschek und Ines Lauffer

(11.6.2024)