62. Weltempfänger-Bestenliste Frühling 2024; Graphik: Litprom

Der „Weltempfänger“ nominiert seit 2008 belletristische Neuübersetzungen aus aller Welt, um damit herausragende literarische Stimmen im deutschsprachigen Raum bekannt zu machen. 

  • Estela, Haushälterin in Chile, erhält erstmals eine Stimme. Sie erzählt in glasklarem Ton über den alltäglichen Klassismus, die unentwegten Herabwürdigungen hinter der liberalen Fassade: diesem Monolog eines Hausmädchens muss man zuhören. Mein Name ist Estela von Alia Trabucco Zerán (Chile). Aus dem Spanischen von Benjamin Loy. (Ines Lauffer)
  • Die selbsternannte „Tunte von der Front“ verguckt sich im Santiago des Jahres 1986 in den politisch aktiven Carlos, der ein Attentat auf Pinochet vorbereitet. Davon erzählt die nur scheinbar ahnungslose Tunte in forsch-furiosem Ton. Eine knallharte Glitzergeschichte. Torero, ich hab Angst von Pedro Lemebel (Chile). Aus dem Spanischen von Matthias Strobel. (Katharina Borchardt)
  • Vom schüchternen Comicfan zum Zeichner eines angesagten Satiremagazins: Ersin Karabulut erzählt vom Erwachsenwerden im Istanbul der 1980er und -90er Jahre. Mit einer gehörigen Portion Selbstironie und einem unerbittlichen Strich: eine aufwühlende Graphic Novel. Das Tagebuch der Unruhe von Ersin Karabulut (Türkei). Aus dem Englischen von Christoph Haas. (Timo Berger)
  • Hayat, eine junge syrische Drusin, wird von ihrem Mann verstoßen – das Patriarchat regiert in Suwaida mit eiserner Hand. So poetisch wie unerbittlich beleuchtet die Autorin die drusische Kultur — und die komplexe Geschichte einer ganzen Region. Kein Wasser stillt ihren Durst von Najat Abed Alsamad (Syrien/Deutschland). Aus dem Arabischen von Larissa Bender. (Claudia Kramatschek)
  • Was ist der Wert eines Originals, wenn eine Fälschung ebenso verzaubert? Eine ketzerische Frage, die eine Kritikerin sich stellt. Sie ist auf der Suche nach einer Malerin ohne Werk, die den Stil anderer perfekt imitiert. Eine geistreiche Parabel auf die Kunstwelt. Schwarzlicht von María Gainza (Argentinien). Aus dem Spanischen von Peter Kultzen. (Timo Berger)
  • Detektivischer Geisterroman und sri-lankische Geschichtsstunde. Sieben Monde hat der tote Fotograf Maali Almeida Zeit, seine Mörder zu finden und Fotos zu retten, die grausamste Ereignisse des Bürgerkriegs zeigen. Ungemein komisch, vielschichtig und lehrreich. Die sieben Monde des Maali Almeida von Shehan Karunatilaka (Sri Lanka). Aus dem Englischen von Hannes Meyer. (Sonja Hartl)
  • Taiwanische Geschichte in unvergesslichen Bildern: Im zweiten Teil der auf vier Bände angelegten Graphic-Novel-Lebensgeschichte des Taiwaners Tsai Kun-lin taucht man in vielschichtigen Schwarz-Weiß-Zeichnungen ein in die Zeit des Weißen Terrors. Tsai Kun-lin —​ Die gestohlenen Jahre von Yu Pei-yun & Zhou Jian-xin (Taiwan) Aus dem Chinesischen, Taiwanischen, Japanischen von Johannes Fiederling. (Sonja Hartl)

Die 62. Bestenliste steht bei Litprom als PDF zur Verfügung. Weitere Informationen zur Bestenliste gibt es auf der offiziellen Litprom-Webseite.

Die Jury: Timo Berger, Katharina Borchardt, Sonja Hartl, Carsten Hueck, Claudia Kramatschek und Ines Lauffer

(2.3.2024)