VdÜ - Verband deutschsprachiger bersetzer literarischer
und wissenschaftlicher Werke e.V. / Bundessparte Übersetzer
im Verband deutscher Schriftsteller (VS) in ver.di
Pressemitteilung
2. März 2001
Piper Verlag unterliegt im Prozess gegen Übersetzerin
Rechtsstreit um Übersetzungen des italienischen Erfolgsautors
Alessandro Baricco
Vor dem Oberlandesgericht München wurde am 1. März
im Rechtsstreit der Übersetzerin Karin Krieger gegen
den Piper Verlag das Urteil gesprochen.
Die Übersetzerin Karin Krieger hatte im Frühjahr
1999 unter Berufung auf den so genannten "Bestsellerparagraphen"
des Urheberrechtsgesetzes für den Erfolgstitel "Seide"
des italienischen Autors Alessandro Baricco vom Piper Verlag
eine angemessene Erfolgsbeteiligung verlangt. Der zum schwedischen
Konzern Bonnier gehörende Piper Verlag einigte sich mit
der Übersetzerin auf eine Nachhonorierung und kündigte
daraufhin an, sämtliche fünf Baricco-Übersetzungen
von Karin Krieger - die drei erschienenen Romane "Seide",
"Land aus Glas" und "Novecento" sowie
zwei weitere, noch nicht erschienene Titel - neu übersetzen
zu lassen und auszutauschen.
"Novecento" erschien in der Folge in identischer
Aufmachung und mit gleicher ISBN in einer anderen Übersetzung,
parallel zu den noch erhältlichen Exemplaren in der Übersetzung
Karin Kriegers. Die später veröffentlichten Titel
kamen ebenfalls in anderer Übersetzung heraus. Diese
Sanktion, mit der das Werk einer Übersetzerin vernichtet
werden sollte, erregte über Deutschland hinaus erhebliches
Aufsehen.
Das Oberlandesgericht hat nun für Recht erkannt:
- Der Piper Verlag wird verurteilt, die Werke von Alessandro
Baricco in den Übersetzungen von Karin Krieger zu veröffentlichen,
solange hierfür eine branchenüblich ausreichende
Nachfrage besteht.
- Dem Piper Verlag wird untersagt, die Werke von Alessandro
Baricco in anderen Übersetzungen als denen von Karin
Krieger zu veröffentlichen, es sei denn in einer Parallelausgabe
neben den Übersetzungen Karin Kriegers.
- Für die bereits erschienene Parallelübersetzung
von "Novecento" wird bestimmt, dass sie nur vertrieben
werden darf, wenn sie sich durch Aufmachung und ISBN deutlich
von der Übersetzung Karin Kriegers unterscheidet.
- Der Piper Verlag hat Karin Krieger jeden materiellen und
immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen,
die eine Verletzung dieser Punkte darstellen, entstanden ist
und noch entstehen wird.
Das Urteil bekräftigt eine Selbstverständlichkeit:
Übersetzungen sind urheberrechtlich geschützte Werke,
die von Verlagen nicht beliebig ausgetauscht oder nach Gutdünken
vom Markt genommen werden können, um sich auf diese Weise
einer angemessenen Honorierung zu entziehen. Das Verfahren
zeigt aber auch, wie notwendig die vom Bundesjustizministerium
geplante Reform des Urhebervertragsrechts ist, um die Urheber
wirksamer als bisher zu schützen. Der Fall Piper hat
deutlich gemacht, wie Verwerter mit Urhebern umspringen, die
es wagen, sich auf geltendes Recht zu berufen, und eine angemessene
Beteiligung an dem Erlös fordern, der mit ihren Werken
erwirtschaftet wird.
Berlin, 2. März 2001
Thomas Wollermann
VdÜ Pressestelle
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